24. September 2020

CORONA – Was macht das eigentlich mit Eltern von Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe?

„Corona“, noch nie hat etwas unsere pädagogische Arbeit so beeinflusst wie diese Zeit im Frühjahr und Sommer 2020. Im Herbst 2019 hatten wir noch große Pläne geschmiedet. Unser Team hatte mit den Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern ein gemeinsames Wochenende in Münster verbracht und eine Konzeption zusammen verfasst, die deutlich macht, wie wertvoll und wichtig es ist, die Familie eng miteinzubeziehen und die Eltern mehr in den Alltag ihrer Kinder einbindet. Auch die Eltern hatten sich untereinander mehr vernetzt und jeder hatte das Gefühl, seine Wünsche einbringen zu können. Wir hatten  zusammen Ideen,  Pläne und Termine ausgemacht und das Jahr versprach spannend zu werden, da wir auch gemeinsam eine Woche in den Sommerferien in den Niederlanden verbringen wollten. Und dann Stillstand. Die Besuchskontakte mussten ausgesetzt werden und die Kontakte beschränkten sich auf Telefonate. Feste und Aktivitäten mussten verschoben  werden.  Wenn man die Kinder und Jugendlichen fragt, wie sie diese Zeit empfunden haben, dann erzählen sie „Das war gar nicht toll, aber Mama hat mir Päckchen geschickt“, „Das war schlecht, aber ich hab Kontakt mit dem Handy gehalten“ oder „ Ich hab’s verstanden, aber es war trotzdem super, als ich das erste Mal wieder zu Hause war.“ Die Eltern empfanden die Zeit  „als sehr hart.“ Eine Mutter beschreibt das Gefühl den Anschluss zu verlieren. „Das Telefon ist nicht das gleiche wie sehen, anfassen und miteinander sprechen. Es ist ein Stück weit haltlos. Man hat Angst gehabt, dass  die Verbindung verloren geht und Sorge, dass etwas kaputt geht.“  Ein Vater  empfand dies ebenso. „Dazu dann auch die Sorge, behält man seine Arbeit, oder bekommt man Kurzarbeit.“ Eine andere Mutter beschreibt, dass die Nähe zum Kind gefehlt hätte. „Wie das so ist in einer Familie. Dazu dann die Angst, stecke ich jemanden in der Gruppe an oder die mich, da ich auch chronisch erkrankt bin. Und die Kinder, die taten einem noch mehr leid.“

Alle für uns selbstverständlichen spontanen Besuche der Eltern, die gemeinsamen Feiern oder einfach mal einen Kaffee zusammen trinken und ein Gespräch führen, hat den Kindern, den Eltern aber auch unserem Team sehr gefehlt. Stattdessen haben die Eltern der Kinder uns aber oft angerufen, gefragt wie es allen geht und sich dafür bedankt, dass sich alle gut um die Kinder kümmern würden.  Und auch die Mitarbeitenden haben angerufen und das Gespräch gesucht. Das Bedürfnis, sich auf jeden Fall über die Kinder eng auszutauschen, war groß. Umso größer war die Freude, als wieder Besuchskontakte stattfinden konnten. Wir achten weiterhin auf die Einhaltung der Abstände, tragen Mundschutz und  verwenden Desinfektionsmittel, aber das ist für unser persönliches Empfinden unwichtig. Wichtig ist, dass sich wieder alle sehen können.  Zwar ist das auch noch mit vielen Einschränkungen verbunden, aber es geht allen wieder besser. Ein persönlicher Kontakt ist wichtig und durch nichts zu ersetzen. Bei allem Schrecklichen, was diese Krankheit so mit sich bringt, hat sie die Kinder und Jugendlichen, die Eltern und die Mitarbeitenden des Herbert- Haase- Hauses  noch mehr zusammengeschweißt.