Geschäftsführerin Silke Gaube, Küchenfee Maria Teresa Moreira, Fachbereichsleiter Markus Wieck (2. Reihe, v. l.), Sabrina Münzfeld (stellvertretende Teamleitung) (1. Reihe, v. l.), Erzieherin Sophie Heimchen und Teamleiter David Hamacher freuen sich über den Umzug.
Remscheid. Noch sind die Räume in dem großen Schieferhaus in der Gabelsberger Straße 6 leer. Bis zum 15. Juli soll sich das ändern. Dann ziehen die acht Kinder und Jugendlichen einer Kinderwohngruppe der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land (EJBL) in die Remscheider Innenstadt.
Freude bei den Kindern ist groß
„Die Kinder freuen sich schon total, hier einzuziehen. Sie überlegen sich schon, welche Bilder sie an die Wand hängen möchten“, sagt David Hamacher. Der Erlebnispädagoge ist Teamleiter der Wohngruppe und kümmert sich gemeinsam mit sieben weiteren Kollegen um die Sechs- bis 16-Jährigen. Bisher am Standort Kallenberg in Wermelskirchen.
Da der Vermieter dort Eigenbedarf anmeldete und das Haus eigentlich generell zu klein war, musste die EJBL einen neuen Standort suchen. „Das war gar nicht so einfach“, sagt Geschäftsführerin Silke Gaube. Denn beim Kauf eines Gebäudes für eine Wohngruppe müssen viele Kriterien erfüllt werden. Doch in der Gabelsberger Straße sind sie schließlich fündig geworden. „Das Haus ist super, der Standort perfekt“, sagt Hamacher. So hätte in Remscheid jedes Kind ein eigenes Zimmer, als Ausgleich für den kleinen Garten seien der Stadtpark, der Brückenpark und das Hauptgebäude der EJBL in der Nähe – sowie einige der Schulen fußläufig erreichbar. „Dadurch lernen die Kinder lebenspraktische Dinge wie Einkaufen und zu Fuß zur Schule zu gehen, was aktuell aufgrund der Lage nicht möglich ist“, sagt der Erlebnispädagoge, der viele Abenteuer wie Klettern oder unterm Sternenhimmel schlafen mit den Kindern erlebt.
Kinder bringen unterschiedliche Geschichten mit
Die Kinder und Jugendlichen, die in der Wohngruppe leben, bringen unterschiedliche Geschichten mit und leben aufgrund unterschiedlicher Umstände nicht zu Hause. „Es gibt Kinder, bei denen die Eltern inhaftiert sind, die sexuelle Übergriffe oder häusliche Gewalt erlebt haben“, sagt Hamacher. „Einige haben nie erlebt, versorgt zu werden“, fügt Gaube hinzu. Die Wohngruppe bietet diesen jungen Menschen langfristig einen sicheren Rahmen. Das Ziel sei zwar immer, dass sie irgendwann wieder zurück in ihre Familien können. Diese Möglichkeit sei aber nicht immer gegeben.
Eine Kinderwohngruppe der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land zieht in die Gabelsberger Straße. Am Mittwochnachmittag stellten sich das Team den Nachbarn vor.
Nachbarn bieten Hilfe an
Silke Gaube befürchtet trotz bisher rundum guter Erfahrungen bei jedem Umzug in eine neue Gegend Sorgen der Nachbarn. „Deshalb treten wir immer gerne im Vorhinein mit den Nachbarn in Kontakt. Zeigen ihnen, dass wir coole Kinder haben, lassen sie Fragen stellen und Sorgen anbringen. So können Fantasien durch Kommunikation ersetzt werden. Am Ende hoffen wir, dass alle sagen ‚Es ist nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe, wenn acht Kinder nebenan einziehen.‘“ So wie es auch am Kallenberg der Fall war, wo Nachbarn, Kinder und Teammitglieder beim Abschiedsgrillen am vergangenen Wochenende die ein oder andere Träne verdrückt haben.
Diese Sorge war bei den Nachbarn der Gabelsberger Straße aber unbegründet, wie sich bei einem Treffen herausstellte. Viele haben selbst Kinder oder Enkel und boten mit einem Augenzwinkern ihre Unterstützung an, wenn die Mitarbeiter mal kurzfristig ausfallen sollten. Darüber freute sich besonders Markus Wieck, Fachbereichsleiter Wohnformen, der das bekannte Zitat „Zum Erziehen braucht es ein ganzes Dorf“ anbrachte und die Gäste einlud, sich aktiv an der Erziehung zu beteiligen, wenn nötig.
Wir wollen echte Nachbarn sein
„Ich finde gut, dass hier wieder kleine Kinder einziehen. So kommt Leben in die Straße. Dass ein Generationswechsel stattfindet“, sagt Brigitte Schenk, die gegenüber der Kinderwohngruppe wohnt und selbst zwei Enkel im Alter von sieben und neun Jahren hat. „Es ist auch nicht schlimm, wenn es mal lauter wird. Kinder müssen auch Krach machen“, fügt Gisela Grüber hinzu, die eine der direkten Nachbarn ist und schon viele Jahrzehnte auf der Gabelsberger Straße wohnt.
„Wir wollen echte Nachbarn sein. Bei uns können Beschwerden angebracht werden, andersrum werden wir es genauso tun – genauso wollen wir aber gemeinsam Spaß haben“, ist sich das gesamte Team einig. Ein Nachbarschaftsgrillen ist deshalb schon fest eingeplant, ebenso das Martinssingen. Denn wie die anwesenden Anwohner feststellten, hat gefühlt seit 30 Jahren niemand mehr bei ihnen geklingelt.
RGA Online 15.07.2024, Text und Fotos von Katharina Birkenbeul
TV-Beitrag der Lokalzeit Bergisches Land über die Inobhutnahme-Gruppe der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land vom 04.07.2024