Das Jahr 2020 stellte uns in vielerlei Hinsicht vor große Herausforderungen. Die pädagogische Arbeit in den Gruppen und Diensten musste an vielen Stellen umgestellt bzw. an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dies ist den Pädagoginnen und Pädagogen der EJBL an den allermeisten Stellen sehr gut gelungen. Gleichzeitig war es an vielen Stellen nur schwer möglich, die laufenden fachlichen Entwicklungsprozesse angemessen fortzuführen.
Fortbildungen, Arbeitskreise und Qualitätszirkel, z.B. in den Bereichen Traumapädagogik, Bindungsorientierte Arbeit, politische Bildung, Medienpädagogik, Selbstfürsorge oder Erlebnispädagogik mussten pandemiebedingt ausfallen oder verschoben werden. Gerade zu Beginn der Pandemie waren die technischen Voraussetzungen für Alternativformate noch nicht gegeben, insbesondere in der Entwicklung pädagogischer Themen sind wir zudem in der Regel auf zwischenmenschlichen Kontakt angewiesen. Umso erfreulicher war es, dass wir mit dem besonderen Thema der „Gerechten Gemeinschaften“, mit welchem wir uns seit 2017 befassen, trotz Corona in diesem Jahr ein ganzes Stück vorangekommen sind.
Bei den „Gerechten Gemeinschaften“ handelt es sich um eine Methode, die mit allen Kindern und Jugendlichen sowie dem gesamten Team einer Gruppe durchgeführt wird. Begleitet durch eine externe Moderation werden zusammen festgelegte Fragestellungen oder Konflikte diskutiert und gemeinsame Lösungen entwickelt – auch mögliche Konsequenzen werden mit allen Beteiligten festgelegt. Die Aushandlung läuft dabei jederzeit gleichberechtigt und nach dem Konsensprinzip, jede teilnehmende Person hat ein Vetorecht.
Auch wenn seit März 2020 mit Blick auf den Gesundheitsschutz die „Gerechten Gemeinschaften“ in den Gruppen selbst leider nicht stattfinden konnten, waren wir in den verbliebenen Monaten zu diesem Thema sehr aktiv. Gemeinsam mit der FH Münster (Prof. Remi Stork), der Diakonie RWL und fünf anderen Jugendhilfeeinrichtungen haben wir eine umfassende Arbeitshilfe erstellt, die das besondere Partizipationskonzept der „Gerechten Gemeinschaften“ nun auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht.
Neben theoretischen Grundlagen sowie einer ausführlichen Darstellung von Rahmenbedingungen und Ablauf, gibt die Arbeitshilfe hilfreiche Hinweise zum Umgang mit Herausforderungen und zur Implementation. Besonders gelungen ist ein Teil, der – ganz im Sinne der Gerechten Gemeinschaften – für Kinder und Jugendliche geschrieben ist, damit diese auch über mittels der Arbeitshilfe bereits im Vorfeld der ersten Sitzung am Prozess beteiligt sein können.
Die EJBL konnte sich in den Prozess in besonderer Weise einbringen. Als Praxisbeispiel wurde z.B. eine Sitzung aus einer unserer Gruppen gewählt, welche von Studierenden der FH Münster beobachtet worden war. In unterschiedlichen Interviews und Abfragen konnten wir unsere Praxiserfahrungen auch darüber hinaus zur Verfügung stellen. Mit Veröffentlichung der Arbeitshilfe am 27.10.2020 fand die Arbeit der EJBL zudem besondere Berücksichtigung im Begleitartikel auf der Website der Diakonie RWL.
Wir freuen uns, dass wir uns an dem Prozess beteiligen und unsere Erfahrungen umfänglich und konstruktiv einbringen konnten. Auch wir haben von der vielfältigen Zusammenarbeit sehr profitiert und konnten sicherstellen, dass uns das Thema „Gerechte Gemeinschaften“ auch während der Corona-Zeit nicht aus dem Blick gerät. Nun hoffen wir, dass wir bald auch wieder auf der unmittelbaren pädagogisch-praktischen Ebene, also in und mit den „Gerechten Gemeinschaften“ weiterarbeiten können.
Die Arbeitshilfe sowie ein Flyer stehen auf der Seite der Diakonie RWL kostenlos zum Download zur Verfügung, zudem haben einige Studierende der FH Münster ein anschauliches Video zu den Gerechten Gemeinschaften erstellt:
Arbeitshilfe:
Flyer:
https://www.diakonie-rwl.de/sites/default/files/aktuelles/diakonie-gerechte-gemeinschaften-flyer.pdf
Video: