17. Juli 2025

„Total zufrieden“: Jugendhilfe ist ein Jahr am Schwanen

Jugendhilfe ist ein Jahr am Schwanen: Wohngemeinschaft Schwaner Knapp 6 - Wermelskirchen

Jugendhilfe ist ein Jahr am Schwaner Knapp


Seit einem Jahr ist am Schwanen eine Interkulturelle Wohngemeinschaft der Jugendhilfe beheimatet. Wie der Alltag aussieht und warum die Nachbarschaftsfeste so beliebt sind.


Wermelskirchen.
 „Ich bin stolz wie bolle“, sagt Silke Gaube, Geschäftsführerin der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land. Seit einem Jahr besteht nun die Interkulturelle Wohngemeinschaft am Schwaner Knapp – und kann bislang durchweg als Erfolg verbucht werden.

Die Wohngruppe ist ein Zuhause für ältere männliche Jugendliche ab 16 Jahren, junge Erwachsene und unbegleitete minderjährige Ausländer. „Am Anfang hatte man als Nachbar vielleicht ein bisschen Sorge“, berichtet Gaube. Diese hätten die Jugendlichen über das Jahr hinweg mit ihrem durchweg positiven Verhalten inzwischen zerstreut. „Die Nachbarn haben gesagt, dass sie kaum etwas mitkriegen. Und wenn, dann sind das nur nette, höfliche Sachen. Ob sie beim Tragen helfen können oder so etwas.“ Grund genug, die gute Nachbarschaft mit einem Fest zum einjährigen Bestehen bei Kaffee und Kuchen im Hof zu feiern – mit großer Resonanz und zufriedenen Gesichtern.

Ein besonderer Standort

Jörg Loose steht in den Räumlichkeiten am Schwaner Knapp. Er ist Sozialpädagoge und Teamleiter der Wohngruppe. Auch er ist sehr zufrieden mit der Entwicklung. „Die Jungs wohnen gerne hier und haben auch gerne Kontakt mit der Nachbarschaft.“ Über jede noch so kleine Interaktion würden sie sich freuen. „Wenn ein Nachbarskind winkt und sie ein bisschen nachbarschaftlichen Smalltalk halten können“, berichtet Loose.

Dazu trage die Lage des Hauses, in dem die Wohngemeinschaft untergebracht ist. „Den Standort haben wir ganz bewusst so ausgewählt, damit die jungen Erwachsenen ganz normal im Leben sind. Es ist zentrumsnäher. Die Dinge, die man klären muss, sind viel näher. Das dient der Vorbereitung, wenn sie irgendwann alleine wohnen und auf dem Weg, selbständig zu werden.“ Zudem seien Jugendhilfeeinrichtungen heute ohnehin weg vom Kinderheim-Charakter, würden auf andere Konzepte und Wohnformen setzen.

Zuvor waren die Räumlichkeiten in Remscheid etwas abgelegener. „Im Waldhof gab es zwar auch Nachbarn, das waren aber alles Pädagogen. Hier ist die Wirklichkeit.“ Und es ist auch mehr los, was den Jugendlichen gefalle. Jörg Loose schmunzelt und meint: „Das haben die Jungs schon immer gesagt: Der Waldhof ist ja schön. Da gibt es viel Natur. Aber zum Bus ist es schon weit, vor allem mit den Einkäufen.“

Seit einem Jahr können der persönliche Alltag und die täglichen Aufgaben einer WG zentraler in Angriff genommen werden. Dazu zählen: einkaufen, saubermachen, kochen, Sprachkurse besuchen, zur Schule gehen oder zur Ausbildung gelangen. „Die sind schon gut eingespannt“, betont Jörg Loose. Und fügt stolz hinzu: „Ich bin total zufrieden, weil sie das so gut annehmen. Die wollen das auch.“

Vier Zimmer, Küche, Bad

Aktuell bewohnen vier Jugendliche im Alter von 17 bis 19 Jahren die WG. Jeder hat ein eigenes Zimmer, dazu teilen sie sich zwei Bäder, eine Küche und einen Gemeinschaftsraum. Sie alle haben unterschiedliche Herkünfte und Nationalitäten. Ein Pluspunkt, wie Jörg Loose betont: „Sie sollen andere Kulturen kennenlernen und auch voneinander lernen.“ Auch das sei seinerzeit eine bewusste Entscheidung gewesen: „Wir wollten keine reine Gruppe von Geflüchteten, damit wirklich eine Integration stattfindet.“ Auch deshalb sei der Standort im zentrumsnahen Wohngebiet so wertvoll. „Und es ist super, dass wir ein eigenes Haus haben“, lobt er die Kooperation mit dem Bauverein Wermelskirchen.

Zwei der Jugendlichen besuchen das Technische Berufskolleg, zwei haben eine Ausbildung begonnen – in ganz unterschiedlichen Bereichen, berichtet Loose zufrieden. „Die Interessen sind bunt gemischt.“ Auch dadurch lerne man voneinander. „Mir ist wichtig, dass sie sich als Gemeinschaft begreifen, in der man sich hilft.“

Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit

Die Jugendlichen wohnen möglichst eigenständig in der WG, bekommen aber Unterstützung, um einen Tagesrhythmus zu finden. „Sie stehen zum Beispiel selbständig auf oder müssen schauen, dass sie beim Einkaufen mit dem Geld hinkommen“, nennt Jörg Loose Beispiele. „Sie sollen möglichst realitätsnah aufs eigenständige Leben vorbereitet werden.“ Aber gut begleitet: „Wir sind aber tagsüber da und helfen, diese Struktur einzuhalten.“ Und Hilfe bei Themen zu bieten wie Post von Behörden, GEZ oder Arztbesuche. Dazu gibt es einen Wochenplaner mit allen Terminen – als Hilfe, nicht um die Jugendlichen zu gängeln, wie der Teamleiter unterstreicht.

Wie lange wohnen die Jugendlichen am Schwanen? „Das hängt von der eigenen Entwicklung ab.“ Der gesetzliche Rahmen erlaube einen Aufenthalt bis zum 21. Lebensjahr, in Absprache mit dem Jugendamt sei das aber auch länger möglich. In der Regel erfolge der Wechsel in eine eigene Wohnung, wenn ein Schritt abgeschlossen ist. Zum Beispiel die Probezeit der Ausbildung, damit die Jugendlichen auf stabilen Beinen stehen. Die Finanzierung müsse passen und ein geeignetes Wohnobjekt gefunden werden. „Das ist ein großer Schritt, der gut begleitet werden muss, damit es gelingt und nicht zu viele Baustellen gleichzeitig da sind. Ans Alleinewohnen muss man sich gewöhnen. Hier ist eben immer einer da und hilft.“

RGA, 15.07.2025, Text und Bild: Celine Derikartz