Heiner van Mil (34) wechselt von der EJBL ins Institut für Kinder- und Jugendhilfe.
Remscheid. Die beiden Jugendlichen haben lange auf der Straße gelebt. Als sie bei der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land (EJBL) ankamen, war sich Heiner van Mil (34) unsicher, wie er die beiden Freigeister in ein gutes Leben begleiten könnte. Ob sie Hilfe annehmen würden. „Es war schwierig“, erinnert sich der Fachbereichsleiter der Aufnahme- und Clearingstelle und für besondere Wohnformen. Doch es hat funktioniert − durch das ständige Angebot von offenen Türen und Ohren.
Eine Erfolgsgeschichte der Jugendhilfe, wie Heiner van Mil findet. „Wenn man sieht, wie Kinder und Jugendliche, die Schwerstes erlebt haben und dies auch heftig zeigen, heute Fahrrad fahren und lachend über das Gelände laufen, weiß man, dass man in diesem Job wirklich etwas bewegen kann.“ Und es zeige, dass die stationäre Jugendhilfe viel mehr sei als ein „Verwahrort“.
Diese und viele weitere Erlebnisse werden dem 34-Jährigen in Erinnerung bleiben, wenn er die EJBL verlässt. Am Donnerstag verabschieden ihn Kollegen und Kinder. Denn der gebürtige Remscheider wechselt von der Praxis in die Forschung. Er bringt dort nicht nur seine Erfahrung aus elf Jahren EJBL ein, sondern für ihn schließt sich damit auch ein Kreis. „Praxis geht nicht ohne Wissenschaft und Wissenschaft nicht ohne Praxis.“ Auf der Ebene sei vielleicht noch mal mehr möglich für die Heranwachsenden, die dem Familienvater am Herzen liegen. „Denn das übergeordnete Ziel ist ja, Kindern und Eltern zu helfen, dass es ihnen besser geht.“
Einen Hang zur Forschung habe er schon immer gehabt, gibt Heiner van Mil zu. Nach dem Abitur am Rögy absolvierte er ein Soziales Jahr bei einem Jugendhilfeträger, studierte Erziehungs- (Bachelor) und Rehabilitationswissenschaften (Master) in Köln. Während des Masterstudiums begann er bei der EJBL, Inobhutnahme und Klärungsstelle interessierten ihn. Nach seinem Masterabschluss bildete er sich zum Systemischen Berater weiter, stieg in den Fachdienst für Beratung und Diagnostik ein, ehe er Fachbereichsleiter wurde. Die Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen hat er hautnah miterlebt, Rufbereitschaften absolviert, viele Familien beraten. Während der Weiterbildung zum Traumapädagogen gelangte er erneut in Wissenschaft und Forschung − und darüber auch in den Vorstand des Fachverbands Traumapädagogik. Zudem hat er bereits mehrere Fachartikel veröffentlicht, arbeitete im Netzwerk Kleine Helden oder im Jugendhilfeausschuss mit.
Beim renommierten Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) mit Sitz in Mainz will Heiner van Mil weiter an den Verbesserungen für Kinder und Jugendliche arbeiten. Überwiegend kann er dies sogar von Remscheid aus tun. Das IKJ begleitet unter anderem das Bundesgesundheitsministerium und hat auch das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wissenschaftlich mit auf den Weg gebracht. Sozialraumforschung, Eingliederungshilfe − die Forschungsaufträge seien vielfältig. Und immer praxisbezogen. Welche Konzepte können wie weiterentwickelt werden? Was ist im Alltag überhaupt wirksam? Davon kann letzten Endes auch wieder die EJBL profitieren.
RGA, 31.05.2022, Text und Foto: Melissa Wienzek