25. Januar 2023

Helft uns helfen: Autos, Tablets und ein Chor ­­­– So konnte der RGA helfen

Was dank des Geldes der Leserinnen und Leser bei der Evangelischen Jugendhilfe und der Selbsthilfegruppe „Hör mir zu!“ passiert ist.

Die EJBL bedankt sich für die Spenden 2021/2022 (v. l.): Arja Mitmasser, Markus Emonts, Diana Silber, Katrin Walter (auf dem Fahrersitz) und Geschäftsführerin Silke Gaube mit dem neuen VW.

 

Heute endet die diesjährige RGA-Wohltätigkeitsaktion Helft uns helfen. Seit 40 Jahren lindert der Tüpitter bereits die Not vor Ort. Seit 40 Jahren unterstützt er all diejenigen, die sich für andere und die eigene Stadt einsetzen. Die RGA-Leserinnen und -Leser spendeten dieses Mal sage und schreibe 69 081 Euro für das Frauenhaus und die Tafel. Das ist ein neuer Rekord. Ein besseres Ergebnis gab es nur 2002/2003 bei der „Hilfe für Pirna“ nach der Überflutung: 175 000 Euro. Wir sagen ganz herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender, die das ermöglicht haben. Das Geld kommt den beiden Institutionen abzugsfrei zugute. In der nächsten Zeit wird es zur offiziellen Spendenübergabe kommen. Auch hierüber wird der RGA berichten. Erfahrungsgemäß ist der obige Stand noch nicht der endgültige.

Dass jeder Cent gut angelegt ist und vor allem nachhaltig in der Stadt wirkt, das beweisen die Spendenempfänger vom vergangenen Jahr. 2021/2022 unterstützte der RGA mit Helft uns helfen die Evangelische Jugendhilfe Bergisch (EJBL) und die Selbsthilfegruppe „Hör mir zu!“ für pflegende Angehörige von Demenzkranken: 48 576 Euro kamen zusammen. Was ist aus den beiden Projekten geworden, wofür wurde das Geld eingesetzt? Wir haben die Einrichtungen noch einmal besucht.

 

Evangelische Jugendhilfe Bergisch Land:

Vom Spendengeld der Leserinnen und Leser konnte zum einen ein gebrauchter VW Touran, ein Siebensitzer, angeschafft werden. Er wird hauptsächlich in der Wohngruppe an der Intzestraße, den „Intzis“, eingesetzt. Das hatten sich die Jugendlichen genauso wie das Personal sehr gewünscht. Der Wunsch ging in Erfüllung. „Jetzt kann das Team mit den Kindern und Jugendlichen zum Arzt oder zum Sport fahren, die Hauswirtschafterin kann einkaufen fahren, auch Ausflüge sind jetzt mal drin“, freut sich EJBL-Geschäftsführerin Silke Gaube.

Zudem konnten für die 18 jungen Gruppensprecher Tablets angeschafft werden. Die Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren aus den 18 verschiedenen Wohngruppen der EJBL engagieren sich hierbei als Sprecher für alle anderen Kinder und Jugendlichen, mit denen sie zusammenleben. „Das ist insofern bemerkenswert, als dass unsere Kinder und Jugendliche alle schon viel erlebt haben“, sagt Silke Gaube. Manche haben bereits Gewalterfahrungen machen müssen, andere haben familiäre Probleme. Die Gruppensprecher treffen sich nun wieder einmal im Monat „in echt“ – meist dienstags im Haupthaus auf dem Waldhof-Gelände. Dann besprechen sie gemeinsam mit den beiden Vertrauenspädagogen, die dank Helft uns helfen Extrastunden für diesen Job erhalten, was die Kinder und Jugendlichen gerade brauchen – vor allem auch die Jüngeren. Oder wo der Schuh drückt.

Zudem sprechen sie immer bei der Gestaltung von Festen mit – eine Selbstverständlichkeit bei der EJBL. Und manchmal wird auch die Chefin selbst zu einem Treffen eingeladen und stellt sich den Fragen. Demokratieförderung – das hat der RGA durch die iPads ermöglicht. Hiermit können sie sich vernetzen, Protokolle führen oder eine Videokonferenz abhalten, wenn jemand in Quarantäne war. „Gerade während Corona war das ein wichtiges Kommunikationsmittel für das Gremium“, sagt Fachbereichsleiter Markus Emonts, der ergänzt: „Manchmal decken die Jugendlichen auch Ungereimtheit innerhalb der Einrichtungen auf.“ Zum Beispiel, wenn die einen ihr Shampoo selbst aussuchen dürfen, die anderen aber nicht. „Die iPads sind zudem eine Anerkennung ihrer Leistung. Sie erfahren: Sie haben hier eine wichtige Funktion“, sagt Gaube. Sie würden lernen, Moderator zu sein, zu vermitteln, sich einzusetzen. Zudem hätten die Gruppensprecher eine Vorbildfunktion für andere – es lohnt sich, sich für andere demokratisch einzusetzen. Geplant ist auch eine Bildungsfahrt nach Brüssel, Maastricht oder Berlin.

 

Selbsthilfegruppe „Hör mir zu“:

Auch Susanne Heynen ist glücklich über ihren Fiat Qubo, es prangt sogar ein Helft-uns-helfen-Logo darauf. So wissen alle Remscheiderinnen und Remscheider, dass ihr Geld gut angelegt wurde. Das Auto nutzt die Leiterin der Selbsthilfegruppe „Hör mir zu!“ für pflegende Angehörige von Demenzkranken, um Demenzerkrankte zu Terminen zu fahren, Medikamente zu besorgen oder mit den Besuchshunden von A nach B zu fahren. Denn die drei Hunde von Susanne Heynen werden unter anderem zu Therapiezwecken eingesetzt – und verbreiten immer große Freude. Auch ein Benefizkonzert des Pop- und Gospelchors Mixed Generations unter Leitung von Christoph Spengler konnte dank der RGA-Spenden bereits durchgeführt werden. Das Kochprojekt mit Angehörigen und Demenzkranken läuft. Dazu gibt es sogar Schürzen, die in der JVA Lüttringhausen hergestellt wurden. „Wir brauchen aber noch Thermomixe“, sagt Susanne Heynen. Der Vorteil: die leichte Menüführung. Und: Hier brennt nichts an. „Wir backen Kuchen, machen Mayonnaise oder Germknödel. Über dieses Projekt sind bereits Freundschaften entstanden“, erzählt die Leiterin der Selbsthilfegruppe.

Susanne Heynen in der neuen Schürze des Kochprojekts mit Hündin Pauline und einem Mitglied der Selbsthilfegruppe „Hör mir zu!“ für pflegende Angehörige von Demenzkranken.

 

Und jetzt geht es weiter: Der Chor „Entfaltet“ mit Demenzkranken, Angehörigen und interessierten Sängern startet.

Das hatte sich Susanne Heynen schon lange gewünscht. Warum? „Ich habe festgestellt, dass mein demenzkranker Mann auf Singen reagiert – mal mit weinen, mal mit lachen. Und ich dachte: Was ihm guttut, tut auch anderen gut“, erzählt Susanne Heynen. Unter der Leitung von Henrieke Kuhn, Kantorin im Gesamtverband Evangelischer Kirchengemeinden in Alt-Remscheid, startet das Singangebot am 15. März, 11 Uhr, im Gemeindehaus Johann-Sebastian-Bach-Straße. „So können auch Angehörige und Erkrankte gemeinsam als Paar wieder etwas machen“, sagt Heynen. Die ersten Noten sind schon da: „Souvenirs, Souvenirs“.

Das Repertoire ist breit gefächert, von den Bee Gees bis zum Bergischen Heimatlied – nur keine Trauerlieder. „Wir wollen Spaß haben, Blödsinn machen. Und wenn der Ton mal nicht sitzt, ist das nicht schlimm“, sagt Susanne Heynen. Auch Auftritte auf Festen oder in Pflegeheimen sind geplant. „Die Proben sollen locker gehalten werden. Ist jemand erkrankt oder kann an dem Tag einfach nicht, dann ist das halt so.“ Problem: Es werden 50 Liedbücher benötigt. Die Kosten werden aber von keiner Stelle übernommen. Ein Buch kostet 14,95 Euro. Nun ist Susanne Heynen wieder auf der Suche nach Spenden.

Anna Lisa Tuczek, die Remscheider Poetry-Slamerin, deren Gedicht „Apfelkompott“ zuletzt groß im RGA abgedruckt wurde, wird Schirmherrin. Die Remscheiderin beschreibt darin den Werdegang der Demenz bei ihrem Opa – liebevoll, berührend, ehrlich. „Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit“, sagt Tuczek gerührt. Wer mitmachen möchte, kann sich Heynen melden: Tel. 5 92 45 06.

Die Selbsthilfegruppe trifft sich montags von 11 bis 14 Uhr bei der Diakonie an der Stadtkirche, Raum 3. Donnerstags trifft man sich im Café oder geht spazieren. Immer noch sei Demenz ein Tabuthema, sagt Heynen. „Die Leute müssen lernen, damit umzugehen.“ Demenz müsse als Begleiter im Alltag als normal gesehen werden und nicht als Störung. Zudem bietet sie ein Infotelefon rund um Vorsorgevollmacht, Patientenverfügungen, Hilfe in der Not an: Tel. 5 92 45 06. Auch am Thema Kinderdemenz bleibt sie dran: Inzwischen hat sie einige neue Familien, die sie betreut – bis Köln. Das Angebot „Hund und Demenz“ geht weiter. Dabei trainiert Heynen mit Hund und Mensch, zum Beispiel am Rollator. „Bei beginnender Demenz kann man so trainieren, dass man noch lange Zeit zusammen verbringen kann.“

RGA vom 25.01.2023, Text: Melissa Wienzek, Fotos: © Roland Keusch

 

Tylers (16) Dankesbrief an die Leserinnen und Leser des RGA

Liebe Spender/innen, lieber RGA, wir sagen Danke!

Wir als die Evangelische Jugendhilfe Bergisch Land danken dem RGA (Remscheider General-Anzeiger) für den Spendenaufruf, durch die wir die iPads finanzieren konnten.

Auch möchten wir uns bei den Leser/innen des RGA bedanken. In den letzten Jahren sind die Medien noch deutlich wichtiger geworden, daher ist gut, dass wir jetzt mitgehen können. Die Spender/innen und der RGA zeigten einen großen Einsatz für die Kinder und Jugendlichen des Gruppensprecherrats von der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land (EJBL).

Für uns als Gruppensprecherrat sind die iPads ein Segen. Sie vereinfachen die Dokumentation der Themen aus den Gruppen der Gruppensprecher. Ein weiterer Aspekt ist: Sie erleichtern die Kommunikation untereinander (also unter den Gruppensprecher/ innen und den Vertrauenspädagog/in). Kurz zur Erklärung: Gruppensprecher/innen sind ähnlich wie Klassensprecher/innen, also die Leute die die Kids in einer Sitzung mit allen anderen Gruppensprecher/innen und den Vertrauenspädagog/in vertreten. Für die jungen Menschen und uns als Einrichtung ist die soziale Verbindung von besonderer Bedeutung. In der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land wird sehr viel Wert auf die Stimme der Kinder gelegt, deshalb ist diese Spende eine sehr große Bereicherung für uns und macht uns sehr glücklich.

Wir haben großen Respekt davor, was der Remscheider General-Anzeiger durch den wirklich großartigen Spendenaufruf möglich gemacht hat. Wir ziehen unseren Hut. Nicht zuletzt gilt der Dank auch jedem, der gespendet hat. Dank ihrer Spende, liebe Spender/innen und Leser/innen des RGA, ist es uns deutlich vereinfacht, untereinander in Kontakt zu bleiben. Ihr habt einen tollen Einsatz gezeigt. Ein Dankeschön an euch alle da draußen. Ihr habt uns gezeigt, dass Solidarität in Remscheid großgeschrieben wird. Und dass Remscheid bereit ist, einen großen Einsatz für Kinder und Jugendliche zu leisten.

Wir sind sprachlos.

Tyler S., 16 Jahre alt, , lebt bei der EJBL.