12. Oktober 2021

Impfen oder nicht impfen, das ist hier (nicht) die Frage

Mit dem Auftauchen des Coronavirus in Deutschland im Januar 2020 begann eine turbulente, zum Teil nervenaufreibende und von Kontroversen geprägte Zeit, deren Ende noch immer nicht in Sicht ist. Eine der Maßnahmen bzw. Fragestellungen, welche die Gemüter hinsichtlich Covid-19 u. a. erhitzte und weiterhin erhitzt, betrifft das Thema impfen lassen oder nicht?

Gesellschaftlich lassen sich hierzu drei Gruppen festmachen: die Impf-Befürworter*innen, die bekennenden Impfgegner*innen und diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – noch Unentschlossenen, wobei Befürworter*innen und Gegner*innen sich teils feindlich gegenüberstehen.

In unserem Team ergaben sich aufgrund der persönlichen Konstellationen und Einstellungen keine dieser unversöhnlichen Positionierungen hinsichtlich der Corona-Schutzimpfung, vielmehr stellten wir uns die Frage, wann wir uns wohl endlich impfen lassen dürften. Irgendwie hatten wir zu Jahresbeginn weiterhin den Eindruck, dass auch 2021 niemand auf politischer Ebene bei den Entscheidungen zu Covid-19 den Schutz der Mitarbeitenden in der Jugendhilfe in die Überlegungen einzubeziehen schien. Wir trugen zum Schutz der Kinder und jungen Menschen Masken. Daher freuten sich alle Mitarbeitenden über die im Frühjahr geänderte Impfpriorisierung und nutzten die daraus resultierende Möglichkeit, sich ab Mitte März 2021 gegen Corona impfen zu lassen.

Da wir eine Impfung gegen Covid-19, gemeinsam mit den Eltern,  als sinnvoll erachten, haben wir unseren über 12-jährigen Gruppenmitgliedern angeboten bzw. die Möglichkeit geschaffen, sich impfen zu lassen, nachdem die STIKO das Impfen von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren empfohlen hatte. Alle, die dies in unserer Gruppe betrifft, haben dieses Angebot angenommen. Da zurzeit allgemein eher eine Impfmüdigkeit zu herrschen scheint und thematisiert wird, interessierte uns, was die Jugendlichen bewog, ohne Umschweife das Impfangebot anzunehmen. Ferner wollten wir wissen, inwieweit unsere positive Einstellung zur Impfung und das Impf-Verhalten der Mitarbeitenden bei der Entscheidungsfindung der jungen Menschen eine Rolle gespielt haben könnten.

Wir fragten also:

  • Warum hast du dich impfen lassen?
  • Hattest du Angst oder Befürchtungen vor der Impfung?
  • Wie waren die Reaktionen deiner Eltern?
  • Sind die Erzieher*innen geimpft?
    • Was wäre, wenn nicht? Hätte dich das gestört?
  • Was hättest du gemacht, wenn wir deine Impfung nicht in die Wege
    geleitet hätten?

Die Befragung ergab Folgendes:

Das Impfverhalten der Mitarbeitenden hatte laut Aussage der Jugendlichen keine Bedeutung hinsichtlich ihrer Impfbereitschaft. Fast alle Befragten wussten, dass wir uns hatten impfen lassen, und alle bekundeten, dass es keinem etwas ausgemacht hätte, wenn eine Person aus unserem Kreis dies nicht getan hätte. Kein Kind oder Jugendlicher äußerte sich besorgt um seine Gesundheit.

Allgemein spielt der Gesundheitsaspekt bei den Äußerungen der Befragten kaum eine Rolle mehr. Nur ein Kind nannte als einen Grund für die Impfung die eigene Sicherheit, vermutlich der Tatsache geschuldet, dass ein Elternteil zur Risikogruppe gehört und erhöhtem Infektionsrisiko ausgesetzt ist. Ansonsten wird Covid-19 von den Jugendlichen nicht mehr in erster Linie als Krankheit wahrgenommen, wie noch im letzten Jahr, als in den Medien quasi täglich die an Covid-19 Verstorbenen gezählt wurden. Inzwischen drehen sich die Berichtserstattungen sehr oft darum, was Ungeimpfte an Einschränkungen in Kauf zu nehmen haben. Oder positiv ausgedrückt: Welche Erleichterungen und Vorteile eine Impfung gegen Covid-19 im Alltagsleben mit sich bringen. Dies spiegelt sich entsprechend in den Aussagen der Jugendlichen wider. Der entscheidende Grund, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, sind die damit verbundenen Erleichterungen im täglichen Leben, wenn es z. B. um Ausflüge in Freizeitparks, um den Kirmes-, Schwimmbad- oder Schulbesuch geht. Die Impfung steht für die Wiedergewinnung eines Alltags, ohne sich testen lassen zu müssen. Dafür wären alle auch in Konfrontation zu den Eltern gegangen und hätten sich – sofern möglich – ohne das Einverständnis der Sorgeberechtigten impfen lassen. Da aber alle Sorgeberechtigten letztendlich einer Impfung zustimmten, ergaben sich hier keine Konflikte. Auch Ängste oder Befürchtungen von Nebenwirkungen der Impfung waren kein Thema, abgesehen von der manchmal vorkommenden Angst vor Spritzen.

Eine Auswirkung auf das Impfverhalten der Jugendlichen unsererseits gab es, und zwar durch die Impf-Initiative der Teamleitung, die die entsprechenden Absprachen mit den Sorgeberechtigten traf und für die Impftermine sorgte. Ohne diese Initiative wäre die Hälfte der impfberechtigten Jugendlichen noch nicht geimpft und würde auf ein Impfangebot ihrer Schule warten; bei der anderen Hälfte gab eine Person an, sie wäre selbst aktiv geworden, und bei einem jungen Menschen existierte ein ebenfalls zeitnaher Alternativtermin.

Apropos warten: Ein Kind, das aufgrund bestehender Altersgrenzen hinsichtlich der Schutzimpfung noch außen vorsteht, sich aber auch gerne impfen lassen würde, ist natürlich sehr enttäuscht. Es wartet auf den 12. Geburtstag im Frühling. So bleibt nur warten, bis die drei Schultestungen pro Woche endlich nicht mehr „nerven“ können.